Warum boomt Fast Fashion immer noch so?

Warum boomt Fast Fashion immer noch so?

geschrieben von Annika Krüßmann 

Die Auswirkungen des Klimawandels werden immer stärker sichtbar und spürbar – auch hier in Deutschland leiden wir mittlerweile unter Hitzewellen, Dürreperioden und Naturkatastrophen. Je stärker wir von den Auswirkungen persönlich betroffen sind, desto eher neigen wir auch dazu, den Klimawandel als existenzielle Bedrohung zu erkennen und unser bisheriges Verhalten kritisch zu hinterfragen. In der Theorie ließe sich daraus logisch schlussfolgern, dass dazu auch unser Konsum von Fast Fashion gehört. Immerhin ist die Textilindustrie für 10 % des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich, auch die katastrophalen Arbeitsbedingungen in diesem Wirtschaftszweig werden regelmäßig medial thematisiert.

Die Realität sieht allerdings anders aus: Ultra-Fast-Fashion erobert den Markt der jüngeren Zielgruppe; mehrere tausend neue Produkte werden teilweise täglich von einzelnen Shops online gestellt. Aber warum ist das so? Warum boomt Fast Fashion immer noch so?

 

Preise und Auswahl

Shirts für 3 Euro, Jeans für 10 Euro? Gerade junge Menschen, die Wert auf moderne Kleidung legen und sich an aktuellen, kurzweiligen Trends orientieren, sind bei den absolut günstigen Preisen der großen Ketten im siebten Himmel. Verständlich, wenn sich das Budget auf das monatliche Taschengeld beschränkt, von dem auch noch Essen, Kino und der restliche Konsum bezahlt werden müssen. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass ein Shirt für 3 Euro schlicht und ergreifend nicht nachhaltig produziert worden sein kann. Leider ist das ein fundamentales Problem der Wirtschaft und des Kapitalismus: Wären Preise für Mode gar nicht erst als Folge des Konkurrenzkampfes der weltweiten Konzerne so stark niedrig, wäre heute die Bereitschaft, mehr Geld für nachhaltig und fair hergestellte Mode auszugeben, auch wesentlich höher. Bei einem ständigen Vergleich zwischen teurerer nachhaltiger Mode und kostengünstiger Fast Fashion verlieren leider immer noch zu oft kleine Marken, die preislich logischerweise nicht mit Fast Fashion konkurrieren können.

Eine weitere Annehmlichkeit von Fast Fashion ist die riesige Auswahl an günstiger Mode, die ganz bequem online vom Sofa aus nach Hause bestellt werden und per PayPal oder Klarna bezahlt werden kann. Wer bei bekannten Online Shops ein weißes Shirt kaufen will, kann nicht selten aus einer 4-stelligen Menge an Produkten auswählen. Bei so viel Auswahl an Farben, Formen, Schnitten und Größen wird quasi jeder automatisch zur Zielgruppe der Shops. Vor allem in Zeiten der Corona-Pandemie hat Online Shopping ein ganz neues Level erreicht, weil der stationäre Handel als alternative Einkaufsmöglichkeit teilweise komplett weggebrochen ist.

 

Konsumgesellschaft, Influencer Marketing und schnelllebige Trends

Wir befinden uns nach wie vor in einer Konsumgesellschaft, von der ein Großteil noch nach dem Grundsatz „Je mehr, desto besser“ handelt. Gerade in Bezug auf die Modebranche kann vor allem Social Media Fluch und Segen zugleich sein: Einerseits haben kleinere nachhaltige Brands die Möglichkeit, ohne Kosten mehr Reichweite zu generieren und somit mehr Menschen über das Thema Nachhaltigkeit in der Modebranche aufzuklären. Andererseits erzeugt Social Media auch immer einen gewissen Druck, sich mit anderen und dem, was sie haben und besitzen, zu vergleichen. Der Druck, mit Personen des öffentlichen Lebens, zum Beispiel Influencern, mithalten zu wollen, kurbelt den Konsum von Fast Fashion weiter an – vor allem in der jungen, weniger kaufkräftigen Zielgruppe von Jugendlichen, die nicht immer das nötige Budget für nachhaltige Mode haben. Wöchentliche Fashion Hauls und Kooperationen mit bekannten Fast-Fashion-Labels erwecken bei der jungen Zielgruppe den Anschein, dass es völlig selbstverständlich und gut ist, mehrmals im Monat neue Kleidung zu kaufen, die teilweise so speziell ist, dass sie über die Zeit im Kleiderschrank vielleicht drei Mal getragen wird, bevor sie im Altkleidercontainer landet.

Ein weiteres Problem ist in diesem Zusammenhang allerdings auch die Kommunikation der Influencer: Fast-Fashion-Label werden in ein positives Licht gerückt, ebenso die angeblich nachhaltigen Bemühungen, die diese Labels anstellen. Wer sich nicht intensiver mit dem Thema Nachhaltigkeit in der Modebranche auseinandergesetzt hat, wird dem Gesagten wahrscheinlich Glauben schenken und mit gutem Gewissen weiter Fast Fashion kaufen. Und damit gelangen wir direkt zum nächsten Grund, warum Fast Fashion leider immer noch so boomt:

 

Zu wenig Transparenz und Aufklärung

Wir stellen uns oft die Frage, wo wir heute wären, wenn die Fabrik Rana Plaza in Bangladesch vor neun Jahren nicht eingestürzt wäre und damit weltweit die Arbeitsbedingungen in der Modebranche in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt hätte. Zwar hat die Regierung in Bangladesch auf dieses Ereignis mit einer Erhöhung des Mindestlohnes im Land reagiert, allerdings war der vorherige Mindestlohn schon schwindend gering und reichte nicht ansatzweise aus, um menschliche Lebensstandards zu ermöglichen. Auch seit der Erhöhung des Mindestlohns arbeiten sich Menschen immer wieder zu Tode, weil gesetzliche Vorschriften wie Bezahlung und Arbeitssicherheit nicht eingehalten werden. Thematisiert wird das allerdings in den seltensten Fällen, vor allem nicht von denjenigen Unternehmen, die ihre Kleidung unter solchen Bedingungen herstellen lassen.

Gleichzeitig kommunizieren immer mehr Unternehmen der Modebranche ihre angeblich nachhaltigen Bemühungen rund um Produkte und Produktion – sei es der Einsatz von Bio-Baumwolle, Recycling oder gepflanzte Bäume beim Kauf von Produkten. Auch hier sollte man als Verbraucher_in Werbeaussagen immer kritisch betrachten und einen genauen Blick auf Materialien, Siegel und auch Zahlen rund ums Thema werfen. Oft werden einzelne Bemühungen durch geschickte Kommunikation pauschalisiert und auf komplette Kollektionen oder Unternehmensbereiche übertragen, obwohl dem gar nicht so ist.

 

Und was jetzt?

Eins steht fest: In der Modebranche muss sich dringend etwas ändern. Nicht nur lassen zahllose Menschen jedes Jahr ihr Leben bei der Herstellung von Fast Fashion, auch die Umwelt leidet kontinuierlich unter den Auswirkungen des übermäßigen Konsums: Jedes Jahr erreichen wir den Earth Overshoot Day früher. Das heißt, dass wir auf Deutschland gerechnet an diesem Datum alle natürlichen Ressourcen, die uns eigentlich für ein Jahr zur Verfügung ständen, verbraucht haben. In Deutschland haben wir diesen Tag schon letzte Woche, am 4. Mai erreicht. Alles, was wir bis zum Ende des Jahres dem Planeten an Ressourcen entziehen, kann in der Natur nicht einfach wieder nachwachsen.

Uns läuft die Zeit davon und die nächsten Jahre sind entscheidend, inwieweit eine Zukunft auf der Erde für Menschen langfristig noch realistisch planbar ist. Umso wichtiger ist es, jetzt aktiv zu werden und auch das eigene Konsumverhalten zu überdenken. Wir finden: Jeder Mensch sollte den Zugang zu objektiver und faktenbasierter Aufklärung in Bezug auf die Klimakrise erhalten. Es ist an der Zeit, Stellung zu beziehen und Verantwortung zu übernehmen – das betrifft vor allem global agierende Unternehmen, aber auch uns als Individuen, die mit ihrem Konsum- und Kaufverhalten ebenso die Nachfrage bestimmen und Unternehmen entweder indirekt beim Klimaschutz unterstützen oder die Klimakrise mit ihren Entscheidungen weiter anfeuern.

Wir gehen deshalb bewusst den ersten Schritt und leisten Aufklärungsarbeit rund um das Thema der nachhaltigen und fairen Mode. In unserem Blogbeitrag zum Thema Greenwashing erfährst du beispielsweise, was Greenwashing eigentlich ist, woran du Greenwashing erkennst und was du selbst dagegen tun kannst. Im Beitrag zur Capsule Wardrobe erhältst du eine Anleitung, wie du deinen Kleiderschrank minimalistisch und gleichzeitig extrem effizient gestaltest, sodass du mit verhältnismäßig wenig Kleidungsstücken trotzdem abwechslungsreiche Looks kreieren kannst. 

Außerdem findest du in unserem Shop ausschließlich Marken, die es deutlich besser machen wollen und Mode anbieten, die nicht nur ökologisch und sozial verträglich hergestellt wurde, sondern gleichzeitig auch cool und modern ist. Zumindest in dem Lebensbereich Kleidung wollen wir es Menschen so leicht wie möglich machen, wirklich nachhaltige Mode mit gutem Gewissen kaufen und ohne großen Aufwand nachhaltige Kaufentscheidungen treffen zu können.

Quellen: 

https://utopia.de/ratgeber/shein-fast-fashion-kritik/


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