Warum ist Polyester umweltschädlich?

Warum ist Polyester umweltschädlich?

Geschrieben von Annika Krüßmann

Über 60 Prozent aller Kleidungsstücke weltweit bestehen komplett oder zum Teil aus Polyester. Polyester ist somit die am häufigsten verwendete Kunstfaser in der Textilindustrie. Allein im Jahr 2010 wurden weltweit über 40 Millionen Tonnen Polyester hergestellt, für 2030 prognostizieren Wissenschaftler*innen die doppelte Menge.

Wer sich ein wenig mit Nachhaltigkeit in der Modebranche auseinandersetzt, weiß, dass der Begriff Polyester mittlerweile stark negativ assoziiert wird. Die meisten Menschen wissen wahrscheinlich auch, dass Polyester auf irgendeine Art und Weise Plastik ist. Aber wir haben uns gefragt: Was genau macht Polyester als Material für Kleidung eigentlich so umweltschädlich?

 

Was ist Polyester? Woraus besteht Polyester?

Oft hat nicht nur das Material an sich einen Einfluss darauf, ob das entsprechende Kleidungsstück als nachhaltig bezeichnet werden kann, sondern auch die komplette Wertschöpfungskette, die dahintersteckt. Dafür müssen wir zunächst einen Schritt zurückgehen und hinterfragen, welche Basis dem Material zugrunde liegt und wie diese gewonnen wurde.

Polyester ist eine synthetische Kunstfaser, die im Gegensatz zu beispielsweise Baumwolle oder Hanf nicht von Natur aus existiert, sondern in aufwändigen Prozessen hergestellt wird. Die Basis von Polyester (und auch Stoffen wie Lycra, Polyamid oder Nylon) bildet Erdöl. Dieses wird zunächst zu einem thermoplastischen Polyethylenterephthalat (PET) verarbeitet. Dieses bildet übrigens auch die Grundlage für beispielsweise PET-Flaschen und andere Gegenstände aus Plastik. Anschließend wird das PET zu Polyestergranulat verarbeitet, was wiederum in einem wasser- und energieintensiven Prozess zu Fasern verarbeitet wird. 

Allein im Jahr 2015 wurden durch die Herstellung von Polyesterfasern über 700 Milliarden Tonnen CO2 verursacht. Um diese Menge CO2 durch die Speicherung in Bäumen aufzufangen, wäre eine Fläche von über 230 Millionen Hektar Wald nötig. 

 

Warum ist Erdöl klimaschädlich?

Erdöl bildet die Basis von Plastik und somit auch von synthetischer Kleidung wie der aus Polyester. In aufwändigen Prozessen wird auf der ganzen Welt Erdöl den tieferen Erdschichten entnommen. Allein die Förderung von Erdöl bringt weitreichende Konsequenzen für Tiere und die Umwelt mit sich: Allein in der Nordsee existieren mehr als 400 Öl- und Gasplattformen, weltweit sind es ca. 12.000 Stück in den Meeren. Durch die Förderung entstehen jedes Jahr 30 Millionen Tonnen CO2 und über 70.000 Tonnen Methan. Gleichzeitig gelangen durch die Arbeiten am und im Meer fast 200.000 Tonnen Chemikalien und knapp 10.000 Tonnen Rohöl ins Meer. Dass Stoffe, die normalerweise unter der Erde liegen, bei Kontakt mit Flora und Fauna im Meer großen Schaden anrichten, liegt auf der Hand. 

Hinzukommt: Der Betrieb von Öl- und Gasplattformen birgt nicht zu unterschätzende Risiken: Laut Greenpeace geschieht pro Tag im Durchschnitt ein Öl- oder Chemieunfall, der jedes Mal aufs Neue der Umwelt schadet und bleibende Schäden hinterlässt – ein Preis, der von den großen Ölkonzernen billigend in Kauf genommen wird.

 

Die Folgen von Mikroplastik für Mensch und Umwelt

Genau genommen tragen wir mit unserer Kleidung aus Polyester Plastik auf der Haut. Mittlerweile ist Mikroplastik an nahezu jedem Ort auf der Welt zu finden. Über das Waschen unserer Kleidung aus Polyester und Co. lösen sich jedes Mal Millionen winzige, für das menschliche Auge nicht erkennbare Kunstfasern. Ein Greenpeace-Test hat durch Hochrechnungen einer Stichprobe ergeben, dass allein in Österreich jedes Jahr im Durchschnitt knapp 130 Tonnen Mikroplastik durch das Waschen von Kleidung ins Wasser gelangt.

Kläranlagen können diese Mengen nur bis zu einem gewissen Grad filtern, sodass ein Großteil des Mikroplastiks in unseren Gewässern endet. Ca. 35 % des Plastiks in Gewässern stammt aus synthetischer Kleidung. Dort wird das Mikroplastik unter anderem von Meerestieren aufgenommen, weil sie es für Nahrung halten. Größere Tiere, die sich zum Beispiel von kleineren Fischen ernähren, nehmen dann ebenfalls durch ihre Nahrung das Plastik auf. In verschiedenen Studien konnte festgestellt werden, dass solche Tiere, die Mikroplastik aufgenommen haben, unter anderem langsamer wachsen und teilweise weniger fruchtbar oder komplett unfruchtbar werden.

Spätestens beim Verzehr von Fisch gelangt das Mikroplastik, das zuvor über unsere Kleidung in die Umwelt gelangt ist, wieder zurück zum Menschen – und zwar in seinen Körper. In Untersuchungen wurde bereits festgestellt, dass Menschen Mikroplastik im Darm haben.

 

Warum besteht trotzdem noch so viel Kleidung aus Polyester? 

Polyester wurde in den 40er Jahren entdeckt und ist aufgrund technischer Verbesserungen seit Anfang der 70er Jahre ein weltweites beliebtes Material für Kleidung. Keine andere Kunstfaser kann so flexibel für unterschiedlichste Kleidung eingesetzt werden. Hinzukommt, dass Polyester Nässe in Kleidung nach außen leitet, weshalb der Stoff oft und gerne für Sportkleidung genutzt wird. Gleichzeitig trocknet Kleidung aus Polyester schnell, ist pflegeleicht und knittert nicht. Polyester ist aufgrund seiner flexiblen Einsatzmöglichkeiten besonders für Fast-Fashion-Produkte prädestiniert und somit ein entscheidender Beschleuniger von kurzlebigen Trends.

 

Alternativen zu Polyester

Viele Unternehmen erkennen die Schäden und Risiken, die der Einsatz von Polyester für Kleidung mit sich bringt, und haben alternative Möglichkeiten für Materialien entwickelt. Ein besserer Ansatz ist beispielsweise recyceltes Polyester. Dieses besteht zwar auch aus Plastik, weshalb man beim Waschen dieser Kleidung einen speziellen Waschbeutel nutzen sollte, um zu verhindern, dass Mikroplastik ins Abwasser gelangt. Immerhin wurde für die Herstellung dieser Kleidungsstücke aber kein neues Erdöl gewonnen und genutzt, weshalb man an dieser Stelle deutlich Ressourcen schonen und CO2-Emissionen einsparen kann.

Econyl® ist ein Material, das sich aus alten Stoffresten und Fischernetzen zusammensetzt und aufgrund seiner Eigenschaften gerne für nachhaltigere Bademode eingesetzt wird. Hier gilt auch: Es ist weiterhin ein Produkt aus Plastik, weshalb auch hier ein Waschbeutel verwendet werden sollte.

Wenn ihr wissen wollt, welche weiteren nachhaltigeren Alternativen an Materialien für Kleidung gibt, schaut gerne mal auf unserer Material-Seite vorbei. Dort könnt ihr auch direkt nach eurem bevorzugten Material shoppen.

 

Quellen:

https://www.greenpeace.de/engagieren/nachhaltiger-leben/robust-umwelt
https://greenpeace.at/assets/uploads/publications/presse/Fact%20Sheet_Waschtest%20Plastikfasern.pdf
https://www.umweltberatung.at/polyester
https://www.bund-stuttgart.de/muster-und-vorlagen/default-1d29b03459/meldungen/detail/news/kleidung-aus-erdoel/
https://www.greenpeace.de/klimaschutz/energiewende/oelausstieg
https://www.bund-stuttgart.de/muster-und-vorlagen/default-1d29b03459/meldungen/detail/news/kleidung-aus-erdoel/
https://greenpeace.at/assets/uploads/publications/presse/Fact%20Sheet_Waschtest%20Plastikfasern.pdf
https://www.materialmagazin.com/index.php/kunststoffe/polyesterfasern


Bitte beachten, dass Kommentare vor der Veröffentlichung freigegeben werden müssen

Diese Website ist durch reCAPTCHA geschützt und es gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzbestimmungen von Google.